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Heterogene Keimbildung an Korngrenzen

Mineralumwandlungen in der festen Phase vollziehen sich in der Regel nicht über einen homogenen Keimbildungsprozeß, sondern über Keimbildung an energetisch bevorzugten Fehlstellen im Kristallgitter. Damit ist Gleichung (38) nicht mehr anwendbar, da bei ihrer Herleitung die Homogenität der Keimbildung vorausgesetzt wird ((Christian(1975))).
Für heterogene Keimbildung an den Korngrenzen der Ausgangsphase wurde alternativ dazu von (Cahn(1956)) das Transformationsgesetz

 
 \begin{displaymath}
x_{3D}(t) = 1 - \exp{\Big\{-2 \,\, ^vO^B\int\limits_0^t \,
 [1-\exp{(-Y_e)}] \, Y \, dt' \Big\}} \quad ,\end{displaymath} (39)

abgeleitet, wobei vOB die Korngrenzenfläche pro Volumen und Ye der Zuwachs an neuem Material zwischen t' and t ist (im ``extended volume'' nach (Avrami(1939))). Gleichung (39) wurde von (Rubie und Ross II(1994)) auf Prozesse mit veränderlichen p,T-Bedingungen verallgemeinert

 
 \begin{displaymath}
x_{3D}(t) = 1 - \exp{\Big\{-2 \,\, ^vO^B\int\limits_0^t \,
 [1-\exp{(-Y_e(t,t'))}] \, Y(t') \,\, dt' \Big\}} \quad ,\end{displaymath} (40)

mit

 
 \begin{displaymath}
Y_e(t,t') = \, \pi \, \int\limits_0^{t-t'} \, I^B(\tau)
 \bi...
 ... \big[(\int\limits_\tau^{t'} \, Y(t'') \, dt'')^2 \big] \quad ,\end{displaymath} (41)

$I^B(\tau)$ ist hier die Keimbildungsrate pro Korngrenzenfläche. Gleichungen (40) und (41) sind über eine mathematisch zeitaufwendige (numerische) Iterationsprozedur lösbar. Der erforderliche Rechenaufwand reduziert sich allerdings erheblich, wenn die Lösung dieser Integralgleichung näherungsweise auf die Lösung eines gewöhnlichen Differentialgleichungssystems zurückgeführt werden kann, entsprechend den beiden Grenzfällen (siehe ausführliche Diskussion im Appendix von (Riedel und Karato(1996a)))

Fall (1): für $x_{3D}(t) \le x_{per}$ ($\exp{[-Y_e]} \approx 1-Y_e$)

Fall (2): für $x_{3D}(t) \ge x_{per}$ ($\exp{[-Y_e]} \approx 0$)

 
 \begin{displaymath}
{d\over dt} X_3(t) = 2*Y(t) \,\, ^vO^B.\end{displaymath} (42)

Die Größen X3D(t), X2D(t), X1D(t) und X0D(t) sind charakteristische mikrostrukturelle Kenngrößen der Produktphase und sind im Detail in (Riedel und Karato(1996b)) (Gleichungen (5) und (6)) erläutert.

Beispiele für Mineralreaktionen, die in Verbindung mit der Cahn-Gleichung untersucht wurden, findet man z.B. bei (Brar und Schloessin(1980)) (Keimbildung von Aragonit in Kalzit), bei (Brar und Schloessin(1981)) ($\alpha$-quartz $\to$ Rutilstruktur Umwandlung von GeO2) und bei (Carlson und Rosenfeld(1981); Carlson(1983)) (Keimbildung von Kalzit in Aragonit).


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Michael Riedel
10/6/1997