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Die durchgeführten 3D Computer Simulationen zeigen ein identisches
Verhalten der sich herausbildenden Korngrößen- bzw.
Clustergrößenverteilungen für beliebige Keimbildungs- und
Wachstumsraten, das vollständig mit Hilfe der Skalierungsgrößen
and
charakterisierbar ist
((Riedel und Karato(1996b)), Figs. 4-6):
-
Mit zunehmenden Transformationsgrad x3D entsteht im System
eine Hierarchie großer Cluster (oberhalb der maximalen Korngröße im System),
die in der Clustergrößenverteilungen
sichtbar wird ((Riedel und Karato(1996b)), Fig. 6).
Bei
perkoliert die Produktphase durch die
Ausgangsmatrix.
-
Die Korngrößenverteilung GSD zeigt einen typisch rechtwinkligen Verlauf
bei kleinen Umsätzen, während sie bei kompletter Transformation eine
logarithmisch ansteigende Funktion bei kleinen Körnern ist.
Dieses Verhalten steht im Kontrast zu der häufig in der Realität
beobachteten log-normal Verteilung von Korngrößen und ist vermutlich
das Ergebnis des Fehlens eines
Kornreifeprozesses im Modell (``Ostwald ripening''), das ansonsten
die im Überschuß auftretenden kleinen Körner abbauen würde
würden.
-
Die Abweichung der Gesamtzahl der Körner von der Gesamtzahl der
Cluster ((Riedel und Karato(1996b)), Fig. 4) beginnt bereits bei einem Transformationsgrad von
, d.h. bereits in einem sehr frühen Stadium gibt es
nennenswerte Beiträge des Zusammenstoßens verschiedener Körner
(``impingement''). Bei
beträgt die Gesamtzahl
der Cluster bereits weniger als 5% der Gesamtzahl der im System
vorhandenen Körner, so daß hier bereits die Verknüpfung der
einzelnen Keime im System weit fortgeschritten ist.
- Die Clustergrößenverteilung CSD wird durch einen exponentiellen
Abfall dominiert, nach dem Beginn der Verklumpung verschiedener Körner bei
. Der Wert der maximalen Korngröße im System ist
aus der Clustergrößenverteilung eindeutig zu erkennen, er
unterteilt die Cluster im System in zwei Typen, in den Bereich der
``kompakten'' Cluster und in den Bereich der ``porösen'' Cluster.
Die ``porösen'' Cluster befolgen
im Gegensatz zu den ``kompakten'' Cluster ein universelles
Skalengesetz, ihre Größenverteilung befolgt ein Potenzgesetz mit
einem kritischen Exponenten von
((Fisher(1967); Stauffer und Aharony(1992))).
-
Cluster mit einem größeren mittleren Radius tendieren dazu,
eine zunehmende Anzahl von Gebieten der alten Phase zu
umschließen, was dazu führt, daß das sich mit dem Phasenübergang
herausbildende Netzwerk der Produktphase immer zerbrechlicher wird
(d.h. in immer geringerem Ausmaß zusammenhängend ist).
Am Perkolationspunkt selbst ist der größte Cluster im System
ein Fraktal, d.h. seine Dichte nimmt mit zunehmenden Radius
ab.
-
Die fraktale Dimension des größten Clusters am Perkolationspunkt
wurde, in Übereinstimmung mit anderen
Autoren (vgl. z.B. (Lorenz et al.(1993))), zu
2.5 bestimmt ((Riedel und Karato(1996b)), Fig. 10).
Die Evolution des größten Clusters aus
-Keimen im System
widerspiegelt auch nach dem Erreichen und Überschreiten des
Perkolationspunktes interessante mikrostrukturelle Aspekte:
Oberhalb des Perkolationspunktes wird der größte Cluster
infolge der kontinuierlich weiterlaufenden Phasenumwandlung
mit
in
zunehmendem Maß kompakter, d.h. er besitzt einen immer stärker
ausgeprägten inneren Zusammenhalt.
Eine genauere Analyse zeigt, daß er für x3D>xper homogen
auf einer Längenskala oberhalb einer bestimmten sogenannten
``Kohärenzlänge
'' wird, siehe (Riedel und Karato(1996b)), Fig. 10.
Die Bedeutung der in den Abschnitten 4.1 und 4.2 diskutierten
Beziehungen bzw. mikrostrukturellen Eigenschaften liegt in
ihrer Allgemeingültigkeit. An keiner Stelle wird ein spezieller
physikalischer Wirkungsmechanismus bezüglich der Reaktionsraten
IV und Y angenommen, es werden lediglich räumliche
Homogenität bzw. Isotropie sowie (mit Einschränkungen)
zeitliche Konstanz vorausgesetzt.
Die beschriebenen Eigenschaften sollten daher unabhängig
von der physikalischen Natur der betrachteten Keimbildungs- und
Wachstumsvorgänge gelten.
Potentielle Anwendungen aus geophysikalischer Sicht sind
u.a. bei folgenden Problemstellungen gegeben:
-
Transporteigenschaften bzw. Mikrogeometrie von Sedimentgesteinen
(Permeabilität bzw. Porösität von Sedimenten in Verbindung mit
einem strukturellen Phasenübergang, (Thompson et al.(1987); Thompson(1991)))
-
Rißausbreitung in deformierten Gesteinen (Bruchentstehung infolge
der Perkolation von Mikrorissen, (Zhang und Sanderson(1994))) - mit Einschränkungen
nur, da hier ein stark anisotroper Wachstumsmechanismus vorliegt
((Dienes(1982)))
-
Herausbildung von Teilschmelzen in Mantelgesteinen (Perkolation
der Schmelzphase, (Kohlstedt und Zimmermann(1996))): Bereits wenige Prozent an Teilschmelze
genügen, um eine drastische Änderung in der Viskosität
hervorzurufen (bis zu einem Faktor
10), falls die Korngröße
der Matrix einen kritischen Schwellenwert unterschreitet.
Neben dem Wechsel des relevanten Deformationsmechanismus von
Dislokations- zu Diffusionskriechen ((Kohlstedt und Zimmermann(1996))) bei feinkörnigem
Ausgangsmaterial könnte dieser Viskositätssprung aber
auch rein topologisch bedingt sein. Ein Ansatzpunkt dazu
wäre im Rahmen des hier vorgestellten Modells mit einer
Diskussion der relevanten Längenskalen im System gegeben
(Korngröße vs. kinetische Avrami-Länge des Schmelzprozesses,
die Perkolationsschwelle hängt wesentlich vom Verhältnis beider
Längen im System ab), ein weiterer mit der Untersuchung
des Kompaktierungsverhaltens des größten
-Clusters
oberhalb der Perkolationsschwelle, siehe obige Diskussion
zur Existenz einer ``Kohärenzlänge
''.
-
Mikrostrukturentwicklung bei strukturellen Phasenübergängen in
der ``transition zone'' des Erdmantels (Korngrößenreduktion beim
Olivin-Spinell Übergang in der subduzierenden Lithosphäre,
(Riedel und Karato(1996a)))
Die letzte Problematik ist im Kapitel 6 dieser Arbeit
ausführlich dargestellt.
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Michael Riedel
10/6/1997