Als logische Fortsetzung der in-situ Methode zur Analyse von Wachstumsprozessen aus der Lösung wurde begonnen, in-situ Bildinformationen auch zur Untersuchung des Spröd-Duktil Übergangs bei Kalziten heranzuziehen.
Dazu wurde eine speziell konstruierte Diamantstempelkammer verwendet, die
die Möglichkeit zur Rotationsbewegung des einen Stempels besaß.
Der Grundaufbau dieser Zelle wurde in Troizk (Rußland) entwickelt
((Barabanov et al.(1987); Blank und Buga(1993); Blank und Zerr(1992))) und auf das Studium von strukturellen Phasenübergängen
unter Druck und Scherspannung, vorwiegend bei Halbleiterverbindungen, angewendet.
Für den Einsatz bei Deformationsexperimenten wurde der innere Zellaufbau
zunächst dahingehend modifiziert, daß der Probenraum - einschließlich
der beiden Druckstempel - mit Hilfe einer Widerstandsheizung bis auf 900 C
heizbar wurde. Dies wurde durch die direkte Umwicklung beider Stempel mit
einem gekapselten Heizleiter erreicht, so daß die
Heizleistung mit möglichst geringen Verlusten auf die Druckstempel
übertragen wurde ((Bassett et al.(1993))). Um dies zu möglichen, war es notwendig,
Druckstempel mit einem Mindestdurchmesser von 5 mm sowie einer Höhe
von ebenfalls mindestens 5 mm zu verwenden. Die Verwendung von
Diamantstempeln bei diesen Versuchen schied von vornherein aus,
da Diamanten von solcher Größe
kaum erhältlich sind bzw. unbezahlbar wären.
Abb. 3: Schematischer Aufbau der Probenkammer mit Heizleiter und thermischer Isolierung ((Riedel et al.(1996); Riedel und Janssen(1995)))
An Stelle von Diamanten wurde zunächst Saphir als Stempelmaterial verwendet.
Es stellte sich jedoch heraus, daß Saphir auf Grund der entstehenden
Thermo- und Druckspannungen für diesen Zweck
völlig ungeeignet ist, da einkristallines Al2O3
sich bei Temperaturen oberhalb von 450 C entlang von Vorzugsflächen
leicht spalten läßt ((Richter und Riedel(1994))).
Alternativ wurden im weiteren Granatstempel aus YAG verwendet ((Riedel et al.(1996))). Unter den verschiedenen granatbildenden Mineralen besitzt Y3Al5O12 den höchsten Schmelzpunkt (Tm = 2273 K) und ist aus diesem Grunde sehr wahrscheinlich der Granat mit der größten Härte und mechanischen Stabilität bei Temperaturen im Unterkrustenbereich. Ihre komplizierte Mineralstruktur verursacht außerdem eine 3-10 mal höhere Kriechfestigkeit der Granate, verglichen mit anderen Oxiden bei der gleichen homologen Temperatur T/Tm ((Karato et al.(1994); Karato et al.(1995))).
Gegenüber Saphir haben Druckstempel aus kubischem YAG auch den wesentlichen
Vorteil der optischen Isotropie, wodurch Untersuchungen unter gekreuzten
Polarisatoren unter Druck möglich werden (nur eingeschränkt,
da die YAG Stempel im Spannungszustand ihre Isotropie partiell wieder verlieren).
YAG als Stempelmaterial ist mechanisch bequem zu bearbeiten und kommerziell
sehr preiswert erhältlich. Infolge der möglichen Größe von YAG
Druckstempeln erscheinen sie außerdem prädestiniert zu sein für das
Studium von Phasengleichgewichten bei Hydrothermalreaktionen im Druckbereich
bis 6.0 GPa und Temperaturen bis 1200 C ((Riedel et al.(1996); Ziemann et al.(1995))).
Sehr problematisch ist dagegen die ausgeprägte chemische Reaktionsfreudigkeit
von Mineralen in der Granatstruktur ((Liu und Bassett(1986))).
Es ist aus diesem Grund unerläßlich, beim systematischen Arbeiten mit
Granatstempeln bei Temperaturen oberhalb von 500 C
für eine Schutzgasumgebung zu sorgen (reduzierendes
Gasgemisch, z.B. 99% Ar + 1% H2). Ein weiterer Nachteil der durchgeführten
Deformationsexperimente in der Scherzelle besteht in dem nur sehr unzureichend
bekannten Streßzustand der Probe. Da die Probe ohne externes Gasket direkt
zwischen die Druckstempel plaziert wird, ergibt sich schon bei normaler
(Bridgman-) Geometrie ein radiusabhängiges Streßprofil im Innern der
Probe (vgl. (Riedel und Janssen(1995))). Mit zusätzlicher Scherbelastung infolge der
Torsionsbewegung einer der Druckstempel wird diese Situation noch erheblich
verkompliziert.
Auf Grund dieser Einschränkungen ist die vorgestellte Methode der
in-situ Durchführung von Deformationsexperimenten in der GAC bisher
nicht ausgereift. Beobachtungen einer experimentellen Versuchsserie
sind im folgenden abgebildet, um die Funktionalität der Kammer
im Prinzip zu demonstrieren (der Nachweis von Aragonit Kristallen in der
Kalzit Matrix, Abbildung 6, erfolgte zerstörungsfrei auf spektroskopischem
Weg, mit Hilfe eines Mikro-Raman-Spektrometers).
Der Bearbeitungsstand ist im Rahmen eines Forschungsberichts an der Universität
Potsdam ausführlich dargestellt worden (Richter und Riedel(1994)).
Abb. 4: Deformation eines Kalzitkristalls (Durchmesser ca. 0.3 mm, Dicke ca. 0.02 mm)
in der GAC.
Die Aufnahmen wurden im Abstand von jeweils 3 Stunden gemacht
(Druck im Zentrum der Probe ca. 2.0 GPa, T = 800 C)
Abb. 5: Deformationszelle unter dem Polarisationsmikroskop
Abb. 6: Zentraler Bereich des Kalzitkristalls von Abb. 4.
Nach 24 Stunden sind einzelne
Aragonit-Körner
entstanden
(Ziemann et al. [1995]).