Aufbau und Struktur des Erdkörpers, so wie er sich heute unseren Beobachtungen zeigt, haben sich im Laufe der Entstehungsgeschichte der Erde wesentlich geändert. Nach der Herausbildung des Sonnensystems und der ursprünglichen Akkretion der planetaren Körper hat sich zunächst in der Zeit zwischen 4.5-3.8 Mrd. Jahren b.p. durch Differentiation der Proto-Erde ein eisenreicher Erdkern herausgebildet ((Stevenson(1989))). Dieser ursprüngliche Differenzierungsprozeß ist schematisch in der folgenden Abbildung gezeigt:
Abb. Schematische Entwicklung des Temperaturprofils in der Proto-Erde nach (Stevenson(1989)). Die Sequenz der Entwicklungsstadien beginnt bei einem Radius von 1000 km (I) und endet mit dem heutigen Radius (V). In den Stadien (I) und (II) sind die Temperaturen zu niedrig, um einen Differentiationsprozeß in Gang zu bringen, im Stadium (III) beginnt die Formierung von Kern (und Mantel). Die gestrichelte Linie zeigt die Herausbildung von entsprechenden Grenzschichten im Erdinnern.
Im Stadium (III) ist zu erkennen, daß die Temperaturen im äußeren Mantel der Erde, im Ergebnis der
ursprünglichen Akkretion, höher sind als im Kern. Dieses Entwicklungsstadium wird daher häufig
mit der Existenz eines primordialen terrestrischen Magmaozeans in Verbindung gebracht ((Ringwood(1975))).
Die weitere thermische Entwicklung in diesem Stadium hängt wesentlich
davon ab, wie sich der Wärmetransport über das Wechselspiel von Konvektion und Konduktion durch die
äußeren Schichten des sich differenzierenden Erdmantels vollzieht.
(Hofmeister(1983)) und (Ohtani(1985)) haben die Implikationen hinsichtlich der mit der
thermischen Entwicklung verbundenen
chemischen Differenzierung untersucht. Sie fanden, daß bei einem Magmaozean von bis zu
120-1000 km Tiefe durch fraktionierte Kristallisation eine chemische Stratifizierung des
oberen Mantels in eine obere Olivin-angereicherte Schicht sowie eine darunter liegende, ca. 200 km mächtige,
Granat-angereicherte Schicht erfolgt, während der untere Mantel generell eine Perovskit-angereicherte
Zusammensetzung zeigt ((Ohtani(1985))).
Einen besonderen Aspekt fanden (Agee und Walker(1988)) mit der sogenannten
``olivine flotation hypothesis'', d.h. der experimentell gefundenen Möglichkeit, daß Olivin unter
den Bedingungen des auskristallisierenden Magmaozeans u.U. leichter als die umgebende ultrabasische
Silikatschmelze werden könnte. (Franck und Riedel(1991)) untersuchten die Konsequenzen einer dadurch zusätzlich
entstehenden thermischen Grenzschicht auf das Zeitregime des sich abkühlenden Magmaozeans.
Sie fanden, daß das Umschlagen von penetrativer (``whole mantle'') zu geschichteter (``layered'')
Konvektion im Magmaozean erst dann stattfindet, wenn die Kristallisationsfront den Tiefenbereich der
flotierenden Olivinschicht ( 250 km) bereits durchschritten hat. Es wurde damit demonstriert,
daß die mögliche Existenz einer flotierenden Olivinschicht das Abkühlregime der Erde in diesem
Entwicklungsstadium nicht wesentlich beeinflussen würde.
Nach der Herausbildung eines adiabatischen Temperaturgradients im Erdmantel (und im Außenkern) (Entwicklungsstadium (V)) von ca. 0.3-0.5 K/km bildete sich im Ergebnis des weiteren Abkühlens die Lithosphäre als obere thermische Grenzschicht sowie die Kruste mit einem Temperaturgradienten von ca. 10 K/km (Kontinente) bis hin zu 500 K/km (``mid ocean ridges''). Die Ursache für diesen dramatischen Kontrast im Temperaturgradienten zwischen Kruste und Mantel liegt in der Effektivität des konvektiven Wärmetransports begründet. Das Verhältnis zwischen konvektiven und konduktivem Wärmetransport hängt in erster Linie von der Rheologie (Viskosität) des Erdmantels ab. Konvektive Anteile werden dominant, wenn die Rayleigh Zahl
![]() |
(8) |
den kritischen Wert von ca. 103 überschreitet. Hierbei ist der thermische Expansionskoeffizient,
die Temperaturdifferenz zwischen Ober- und Unterseite der Konvektionszelle mit der Höhe L,
die thermische Diffusivität und
die Viskosität.
Abschätzungen dieser Parameter für den Erdmantel ergeben, daß Ra typischerweise im Bereich
zwischen 105-107 liegt ((Stacey(1992))), so daß konvektiver Wärmetransport im Erdmantel dominiert.
Der größte Teil an Wärme wird dabei in der Umgebung der mittelozeanischen Rücken
an die Erdoberfläche abgegeben, während umgekehrt, durch den stattfindenden Subduktionsprozeß an den
Kontinentalrändern, dem Mantel Wärme entzogen wird.
Die Dynamik der globalen Mantelkonvektion wird bestimmt durch die Balance von Antriebskräften (thermischer Auftrieb) und dissipativen Reibungskräften (Viskosität). Die rheologischen Gesteinseigenschaften hängen dabei stark von den relevanten Zeitskalen ab. Bei kurzzeitigen Deformationen bzw. kleinen Differenzspannungen verhalten sich die Gesteine wie ein elastisches Medium (mit geringer Energiedissipation), während bei langzeitigen Deformationen bzw. großen Differenzspannungen plastisches Fließen (z.B. Gebirgsbildung) beginnt. Der Übergang vom elastischen zum plastischen Regime ist in der folgenden Abbildung für das Erdinnere zusammengefaßt:
Abb. Mechanische Gesteinseigenschaften als Funktion der relevanten Deformations- Zeitskalen und Differenzspannungen (nach (Karato und Ohtani(1993)))
Wenn die wirkenden Differenzspannungen einen kritischen Schwellenwert übersteigen, verhalten sich die
Gesteine spröde, d.h. sie zerbrechen. Dieser Schwellenwert steigt mit zunehmendem Druck
beträchtlich an (``p-Effekt''). Die dicke Linie zeigt den Schwellenwert für den oberen Mantel
bzw. die kontinentale Unterkruste. Duktiles (plastisches) Verhalten wird gegenüber elastischem
Verhalten bedeutsam, wenn die Zeitskala den Wert der sogenannten ``Maxwell-Zeit''
überschreitet. Diese Zeit ist dynamisch bestimmt und damit druck- und temperaturabhängig,
eingezeichnet ist der typische Wert für die Asthenosphäre.