Das tiefe Erdinnere ist zum größten Teil direkten Beobachtungen
unzugänglich, die bisher tiefste Bohrung in den Erdkörper auf der
Halbinsel Kola (Rußland) mit 12 km Tiefe erreicht gerade mal
0.2% des (mittleren) Erdradius von 6371 km. Folglich sind wir
bei dem Verständnis der in der Erde ablaufenden Prozesse fast vollständig
auf indirekte Rückschlüsse angewiesen. Wichtige Grunderkenntnisse
basieren dabei auf der Untersuchung der chemischen Zusammensetzung
des Sonnensystems (Studium von Meteoriten), auf geophysikalischen
Beobachtungen der Massenverteilung des Erdkörpers bzw. der Tiefenverteilung
seismischer Geschwindigkeiten, sowie auf Laborstudien von Zustand und
Eigenschaften der gesteinsbildenden Minerale unter hohem Druck und
hoher Temperatur.
Da die mittlere Dichte der Erde von 5.52 g/cm3 signifikant größer als typische Gesteinsdichten an ihrer Oberfläche ist, muß ihre Dichte mit zunehmender Tiefe wesentlich ansteigen. Dieser Dichteanstieg resultiert hauptsächlich aus zwei Quellen: Der Existenz eines eisenreichen Erdkerns mit einem Radius von ca. 3400 km, sowie dem Dichteanstieg infolge hydrostatischer Kompression.
Die detailliertesten Informationen über den Aufbau des Erdkörpers besitzen wir auf Grund seismischer Beobachtungen. Verschiedene Typen elastischer Wellen stammen entweder aus natürlichen Quellen, z.B. von Erdbeben, oder sie werden durch künstliche Explosionen erzeugt und von seismischen Stationen an der Oberfläche aufgezeichnet. Seismische Wellen enthalten sowohl Informationen über die zurückgelegten Wegstrecke (``Teleseismik'') als auch über Materialeigenschaften der zwischen Sender und Empfänger liegenden Gesteine. In einem isotropen elastischen Körper existieren im einfachsten Fall zwei Typen seismischer Wellen, die Kompressionswellen (Geschwindigkeit vp) und die Scherwellen (Geschwindigkeit vs). Beide Geschwindigleiten sind unmittelbar mit den elastischen Eigenschaften des Mediums über
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verbunden, wobei k der adiabatische Kompressionsmodul, der Schermodul
und
die Dichte ist.
Das auf den Ergebnissen seismischer Messungen beruhende Standard-Modell des inneren
Erdaufbaus (PREM-Preliminary Reference Earth Model, siehe (Anderson(1989))) zeigt, daß die Erde
aus drei Hauptschichten besteht: Dem Erdkern, der sich seinerseits wieder aus einem
festen inneren Kern und einem flüssigen äußeren Teil zusammensetzt,
dem Erdmantel, der ca. 67% der Erdmasse enthält und einer äußeren
dünnen Kruste von 5-50 km Mächtigkeit. PREM beinhaltet zwar auch Detailinformationen
z.B. über die Frequenzabhängigkeit der seismischen Geschwindigkeiten
vp und vs, negiert aber jegliche laterale Variationen, d.h. es bildet
den Erdkörper (lateral gemittelt) als 1-dimensionales Modell ab.
Geochemische Laboruntersuchungen zeigen, daß die drei Hauptschichten der Erde
völlig verschiedene chemische Zusammensetzung haben: Während die Kruste zum
größten Teil aus silikatreichen Mineralen wie Quarz oder Feldspat besteht,
ist der Erdmantel vowiegend aus magnesium- bzw. eisenreichen Mineralen aufgebaut,
wie z.B. Olivin oder Pyroxen bzw. deren Hochdruckmodifikationen.
Der Erdkern dagegen besteht im wesentlichen aus Eisen und Anteilen von leichteren
Elementen (Schwefel z.B.).
Die Temperatur im Erdinnern steigt innerhalb der dünnen Kruste relativ steil an,
so daß bei Temperaturen
unterhalb der Asthenosphäre bei ca. 200 km Tiefe auf Grund des
vorherrschenden plastischen Gesteinsfließens keinerlei
nichthydrostatischen Drücke über geologische Zeitskalen hinweg existieren
können. Der Dichteanstieg einer solchen homogenen Kugel unter adiabatischer
Kompression ist über
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gegeben, wobei die Druckabhängigkeit der
Dichte bei adiabatischer Zustandsänderung ist. Der hydrostatische Druck p
bestimmt sich aus der Relation
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mit der Gravitationsbeschleunigung g(r) und der Masse M(r) einer Kugel mit dem Radius r gegeben über
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Die Dichteänderung mit dem Druck ist gegeben über die adiabatische Inkompressibilität k(r), die ihrerseits - entsprechend zu Gleichung (1) - über die Messung seismischer Geschwindigkeiten bestimmbar ist,
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wird der seismische Parameter genannt. Die Kombination der
Gleichungen (2)-(5) ergibt die sogenannte Adams-Williamson
Gleichung, die die Dichteveränderung einer homogenen Kugel unter
adiabatischer Kompression beschreibt ((Stacey(1992)))
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Eine instruktive Anwendung der Adams-Williamson Gleichung ist die Darstellung der Abweichung des realen Dichteprofils im Erdinnern von dem Dichteprofil einer idealen, adiabatisch komprimierten Kugel. Dazu wird der sogenannte Inhomogenitätsparameter
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eingeführt, der vollständig aus seismischen Beobachtungen heraus bestimmbar ist.
Für die idealisierte Kugel folgt , gemäß Gleichung (6).
impliziert einen zusätzlichen Dichteanstieg, z.B. im Ergebnis von
Hochdruckphasenumwandlungen der Minerale,
impliziert eine geringere
Dichte in einem Tiefenbereich, z.B. infolge von thermischen Anomalien.
Die folgende Abbildung zeigt den Verlauf des Inhomogenitätsparameters,
wie er real aus seismischen Messungen für die Erde bestimmt wurde ((Karato und Ohtani(1993))):
Abb. Verlauf des Inhomogenitätsparameters im Erdinnern. Abweichungen von der idealen Dichteverteilung treten vor allem im oberen Mantel und in der Übergangszone zum unteren Erdmantel auf.
Aus dieser Abbildung ist sehr gut erkennbar, daß der sogenannten ``transition zone'',
d.h. dem Übergangsbereich vom oberen in den unteren Erdmantel, eine Sonderrolle
im Aufbau des Erdkörpers zukommt. Dies trifft um so mehr zu, wenn man die
dynamischen Eigenschaften betrachtet ((Birch(1952); Ringwood(1975))).
Dynamische Wechselwirkungen zwischen Kruste und
Erdmantel finden insbesondere im Bereich der sogenannten Subduktionszonen statt,
bei denen ozeanische Lithosphäre
im Ergebnis der Plattentektonik in den Erdmantel wieder zurückgeführt wird.
Auf diese Problemstellung wird im Kapitel 6 genauer eingegangen.