T. Ruedas, H. Schmeling, G. Marquart
Um die Prozesse in bestimmten Teilen des oberen Mantels, z.B. unter MOR oder in Plumeköpfen, realistisch modellieren zu können, müssen die dort auftretenden Schmelzprozesse wie Verarmung und Segregation in Betracht gezogen werden, da sie einerseits eine Folge der Konvektion sind, andererseits aber auch durch die von ihnen hervorgerufenen Änderungen z.B. des Temperaturfeldes, der Viskosität und der Dichte und Mineralogie auf die Konvektion zurückwirken; diese Rückwirkung berücksichtigen wir z.Z. durch zusätzliche Auftriebsterme für verarmten Mantel und in der Matrix gespeicherte Schmelze in den Navier-Stokes-Gleichungen sowie durch die Temperaturänderung durch die latente Wärme des Schmelzens bzw. Erstarrens in der Energieerhaltungsgleichung. Während die Konvektionsprozesse sich typischerweise auf Längenskalen von einigen Zehner bis mehreren tausend Kilometern abspielen, finden die Schmelzprozesse in einem viel kleinräumigeren Maßstab von wenigen Kilometern bis hinab zur Korngrößen- und Porenebene (wenige Mikrometer) statt. Es ist nicht möglich, die Gesamtheit dieser sehr verschiedenartigen Prozesse direkt zu modellieren, so daß man einen Kompromiß finden muß, der eine Modellierung des großräumigen Konvektionsströmungsfeldes mit einer hinreichend gut aufgelösten, angemessen parametrisierten Berechnung der kleinräumigeren Vorgänge verbindet.
Unser Interesse gilt besonders der Schmelzbildung unter MOR und in Plumes. Wir modellieren die Konvektion mit Hilfe eines Fourier-/FD-Verfahrens in einem 3D kartesischen Gitter. Durch das Fourier-Verfahren sind die seitlichen Randbedingungen periodisch; am oberen Rand kann die Plattenbewegung, z.B. für einen spreizenden MOR, als kinematische Randbedingung vorgegeben werden. Am unteren wird eine no slip-Bedingung ggf. mit einem Einstrom- und Temperaturprofil kombiniert: bei einem spreizenden Rücken wird ein schwacher Einstrom durch den ganzen Modellboden anhand der gewählten Spreizungsrate und der analytischen Corner flow-Lösung vorgeben, bei einem Plume können ein Einstrom- und ein Temperaturprofil mit der Form einer Gauß'schen Glockenkurve auf einem kreisförmigen Bereich definiert werden. Um die Massenbilanz im gesamten Modell auszugleichen, wird auf Streifen an den Seiten des unteren Modellrandes parallel zum Rücken ein entsprechender Ausstrom berechnet. - Die Modellierung der Schmelzprozesse bedarf einer feineren Diskretisierung, ist aber andererseits nur in einem Teil des Gesamtmodells notwendig. Aus Gründen der Speicherplatz- und Rechenzeitersparnis wird für sie daher ein kleineres, dichter diskretisiertes Gitter in das große Gitter hineingesetzt. In jedem Zeitschritt wird zunächst auf dem großen Gitter die Konvektion berechnet und anschließend auf dem kleinen die sich daraus ergebende Schmelzverteilung und Verarmung; es findet also ein Austausch physikalischer Größen zwischen beiden Gittern statt: das Konvektionsgitter liefert Temperatur, Strömungsgeschwindigkeit (des Mantels) und Viskosität an das Schmelzgitter, das Schmelzgitter gibt ihm für den nächsten Zeitschritt ein lokal modifiziertes Temperaturfeld sowie Verarmungsgrad und Schmelzgehalt zurück.
Bei einem temperaturabhängigen Viskositätsmodell kommt es insbesondere am Übergang von der kalten Kruste zum darunterliegenden Mantel zu einer starken Viskositätsänderung, die grundsätzlich ein limitierender Faktor für spektrale Verfahren ist und zu numerischen Fehlern führt, die umso größer sind, je gröber die Diskretisierung ist. Dennoch kann man die Fehler in der Konvektionsrechnung mit vertretbarem Aufwand auch bei moderaten Viskositätskontrasten (ca. zwei Größenordnungen) gut unterdrücken; Tests deuten jedoch darauf hin, daß die Fehler z.B. aus dem Geschwindigkeitsfeld sich in die Porosität und in die Segregationsgeschwindigkeit in der Modellierung der Schmelzprozesse fortpflanzen und dort zu erheblichen Verzerrungen führen, die bei isoviskosen Modellen nicht auftreten.
Dennoch bestätigen unsere Modelle, in denen Segregationsgeschwindigkeiten von einigen Zentimetern oder Dezimetern pro Jahr auftreten, die schon von anderen z.B. aufgrund geochemischer Kriterien geäußerte Ansicht, daß der Transport von Schmelzen, die an der Oberfläche eruptiert werden, erheblich schneller stattfinden muß als es durch porösen Fluß im Mantel möglich ist. Dies macht die Notwendigkeit deutlich, auch für den Mantel andere Transportmechanismen, wie z.B. Dikes, in Erwägung zu ziehen.