Konzept für eine DFG-Forschergruppe "Geowissenschaften"
Das System Erde zeichnet sich durch vielfältige Prozesse und deren komplexe
Interaktionen aus, deren Verständnis zu den größten Herausforderungen der
Forschung zu Beginn des neuen Jahrhunderts gehört. Insbesondere ist das
quantitative Studium der vielfach untereinander gekoppelten Prozesse des
Energietransfers und der Massenflüsse erforderlich. Im Mittelpunkt steht
die Frage natürlicher Variabilitäten im System Erde. Diese Aufgabe
erfordert eine ausgeprägt interdisziplinäre Herangehensweise. In die
Forschergruppe werden von der Universität Potsdam verschiedene
geowissenschaftliche Disziplinen, Angewandte Mathematik und Nichtlineare
Dynamik sowie gemeinsam berufene Professoren des GFZ und am Institut für
Geowissenschaften habilitierte Mitglieder des GFZ einbezogen. Die
Forschergruppe soll sich mit der Problematik von Energietransfer und
Phasenumwandlungen bei tektonischen Prozessen, raum-zeitliche Dynamiken von
Stoff- und Energieflüssen, Kristallisation und Metamorphose sowie der
Analyse und Modellierung komplexer geodynamischer Prozesse befassen. Die
fachübergreifende Vernetzung bietet die Chance methodischer
Kompetenzerweiterung und Innovation in Feldmessung, Experiment und
Modellierung und eröffnet somit die Möglichkeit, internationale
Ausstrahlungskraft zu entwickeln. Insbesondere das befruchtende
Wechselspiel zwischen quantitativen, empirischen Prozessuntersuchungen,
anspruchvollen Datenanalysen und mathematischen Modellen im Rahmen einer
Forschergruppe soll eine bislang nicht erreichte Integration von Prozessen
und Dynamiken auf unterschiedlichsten Raum und Zeitskalen ermöglichen.
Wichtiger Bestandteil hiervon ist eine attraktive internationale
Graduiertenausbildung auf dem Gebiet der modernen Datenerhebung, -analyse
und Modellierung.
Warum Erdwissenschaften?
Unser Lebensraum Erde zeichnet sich durch vielfältige Prozesse und deren
komplexe Interaktionen auf einer breiten zeitlichen und räumlichen Skala
aus. Der resultierende ständige Wandel wird nicht nur von Prozessen im
Erdoberflächenbereich, sondern maßgeblich auch durch Vorgänge im Erdinneren
beeinflusst. Die tiefgreifenden Paradigmenwechsel in den Erdwissenschaften
im letzten Jahrhundert haben dazu geführt, dass ein quasi-statisches
Erdbild einem dynamischen Prozessmodell des Systems Erde gewichen ist,
dessen Subsysteme in komplizierter Wechselwirkung miteinander stehen. Das
Verständnis der Dynamik dieses hoch komplexen Systems gehört zu den größten
Herausforderungen, vor denen die Forschung zu Beginn des neuen Jahrhunderts
steht.
Erdbeben, Vulkanausbrüche sowie andere "Systeminstabilitäten" stellen eine
kontinuierliche Bedrohung unseres Lebensraums dar. Ihr Auftreten ist
bislang weder zeitlich noch räumlich mit ausreichender Genauigkeit
vorhersagbar. Vor diesem Hintergrund leben wir auf einem uns auch heute
noch immer fremden Planeten. Dies bedeutet, dass die Disziplinen der
Geowissenschaften von bedeutender gesellschaftlicher Relevanz sind, auch
wenn dies im Vergleich zu anderen Naturwissenschaften in der Öffentlichkeit
oft nicht in gleichem Maße wahrgenommen wird.
Diese höchst anspruchsvolle Aufgabe lässt sich nur in einem ausgeprägt
interdisplinären Forschungszentrum lösen. Dabei wird konsequent auf die
bereits gut entwickelten Kooperationen zwischen den universitären und
ausseruniversitären Institutionen im Bereich der Geowissenschaften
aufgebaut, die fest im internationalen Forschungskontext eingebunden sind.
Die Forschergruppe besteht seitens der Universität Potsdam aus
verschiedenen geowissenschaftlichen Disziplinen (Geologie, Geophysik,
Petrologie und Petrophysik) der Angewandten Mathematik und Nichtlinearen
Dynamik als methodische Fachgebiete und aus Arbeitsgruppen der an die
Universität assoziierten Potsdamer außeruniversitären geowissenschaftlichen
Forschungseinrichtungen der HGF. Ein wesentlicher Schwerpunkt des
Forschergruppe wird die konstruktive Verknüpfung von quantitativen
empirischen und theoretisch-modellierenden Methoden sein.