An die
Deutsche Forschungsgemeinschaft
Kennedyallee 40
53175 Bonn


1. Antrag auf Gewährung einer Sachbeihilfe

Fortsetzungsantrag (DFG Geschäftszeichen Ri 607/7-3)

1.1 Antragsteller

Dr. habil. Michael Riedel
Projektgruppenleiter
Projektgruppe Thermodynamik, GeoForschungsZentrum Potsdam
Telegrafenberg C 7, 14473 Potsdam
Tel.: (0331) 288-2801, Fax: (0331) 288-2818, e-mail: miker@GFZ-Potsdam.DE

Prof. Dr. Rainer Kind
Universitätsprofessor und Projektbereichsleiter
Freie Universität Berlin und GeoForschungsZentrum Potsdam
Telegrafenberg A 17, 14473 Potsdam
Tel.: (0331) 288-1240, Fax: (0331) 288-1277, e-mail: kind@GFZ-Potsdam.DE

Dr. Günter Bock
Wissenschaftlicher Mitarbeiter
GeoForschungsZentrum Potsdam
Telegrafenberg A 17, 14473 Potsdam
Tel.: (0331) 288-1212, Fax: (0331) 288-1277, e-mail: bock@GFZ-Potsdam.DE

1.2 Thema

Vergleichende Untersuchungen zum Mechanismus von Tiefherdbeben und zur
Rheologie von subduzierenden Platten in der Übergangszone des Erdmantels

1.3 Kennworte

Geodynamik, Subduktionszone, Tiefherdbeben

1.4 Fachgebiet und Arbeitsrichtung

Geophysik, Rheologie, Mineralogie

1.5 Voraussichtliche Gesamtdauer

Insgesamt drei Jahre (gefördert seit 01.09.97 bzw. 01.01.98)

1.6 Antragszeitraum

01.01.2000 - 31.12.2000                                                                  (bewilligt: 01.05.2000 - 30.04.2001)

1.7 Gewünschter Beginn der Förderung

01.01.2000                                                                                           (bewilligt: 01.05.2000 )

1.8 Zusammenfassung

Aufbauend auf den bisherigen Ergebnissen zur Komplexität der Rheologie subduzierender Platten im Bereich der Übergangszone des Erdmantels und zur Geometrie der Bruchfläche bei zwei Tiefherdbeben (Fiji-Tonga 1994, Flores Sea 1996) soll die Rolle von duktilen Instabilitäten bei dem Entstehen tiefer Erdbeben näher untersucht werden. Die mit dem Olivin - Spinell Übergang verbundene anomale Viskositäts-Struktur im Innern von schnell abtauchenden Platten (vslab > 8-9 cm/yr) dient dabei als Ausgangspunkt: Mit Hilfe eines Instabilitätskriteriums nach Hobbs et al. (1986) für visko-elastische Deformationen wird versucht, die Bruchflächengeometrien und Herdparameter ausgewählter seismischer Ereignisse näherungsweise aus dem thermo-mechanischen Modell abzuleiten.

Dazu werden Erdbeben im Tiefenbereich zwischen 400 und über 600 km für Subduktionszonen mit unterschiedlichen thermischen Parametern vergleichend untersucht.


2. Stand der Forschung und eigene Vorarbeiten

2.1 Stand der Forschung

Seit dem Antragstellung vom 22.02.96 haben sich mit Bezug auf das Forschungsthema (hauptsächlich) folgende Entwicklungen ergeben:


2.2 Arbeitsbericht für die Zeit von 1.9.1997 bis 30.9.1999

Die rheologische Struktur der subduzierenden ozeanischen Lithospäre wurde auf der Grundlage der experimentell bestimmten Kriechgesetze von Olivin (bzw. Spinell) in einem kinematischen Modell berechnet (Riedel & Karato, 1997a+b, Karato et al., 1998, 1999), unter Zugrundelegung des geothermischen Modells subduzierender Platten nach McKenzie (1969).
Die dynamische Behandlung des Problems führt auf erhebliche numerische Schwierigkeiten, insbesondere bei der korrekten Einbeziehung der Phasenumwandlungskinetik mit einer nur begrenzt möglichen räumlichen Auflösung an der kinetischen Phasengrenze (Schmeling et al., 1999, Devaux et al., 1999). Die Antragsteller haben daher zunächst, im Unterschied zum ursprünglichen Vorhaben, einen anderen Ansatz verfolgt und an Stelle der kontinuumsmechanischen Gleichungen das Biegeverhalten der ozeanischen Lithospäre beim Subduktionsvorgang numerisch auf der Grundlage der Biegemomenten-Gleichung studiert (Karato et al., 1998, Riedel et al., 1999). Dieser Ansatz hat den wesentlichen Vorteil, daß er das systematische Studium des gestellten Problems in einem weiten Bereich der möglichen rheologischen und kinetischen Parameter mit einer sehr hohen räumlichen Auflösung (bis 100 m und feiner) in überschaubarer Rechenzeit gestattet.

Dabei ergab sich, daß (Karato et al., 1998, 1999)

Dies ist aus der Abbildung 1 zu entnehmen, die das Wechselspiel der verschiedenen Deformationsmechanismen für eine Subduktionszone im Alter von ca. 100 Myr zeigt. Die anomale Viskositätsstruktur im Ergebnis der kinetischen Korngrößenreduktion im kalten Plattenkern hat eine eine bi-modale Verteilung der viskosen Erwärmung der Platte beim Durchbiegen im Tiefenbereich zwischen 410 und 660 km zur Folge (Abbildung 2).


Abbildung 1: Dominante Deformationsmechanismen in der Mantellithosphäre beim Subduktionsvorgang, entsprechend den verfügbaren mechanischen Kriechdaten von Olivin bzw. Spinell; Lithosphärendicke: 85 km, Subduktionsgeschwindigkeit: 10 cm/yr. (Karato et al., 1998).






Abbildung 2: Viskose Erwärmung beim Subduktionsvorgang in der Mantelübergangszone zwischen 410 und 660 km Tiefe (Parameter identisch zu Abbildung 1). Die Abbildung zeigt eine Sequenz von 2D-Querschnitten durch die ozeanische Lithosphäre im Bereich der Übergangszone für zunehmende Abtauchgeschwindigkeiten und einem linear zunehmenden, jeweils räumlich konstanten, Biegemoment von 3.8 x 1018 Nm per m (4 cm/yr) bis zu 1.0 x 1019 Nm per m (10.5 cm/yr). Die Ortsauflösung beträgt 100 Meter in jede Richtung (850 x 10000 Gitterpunkte), die Farbskala zeigt die viskose Erwärmung in $\Delta T$ (Zuwachs) pro 100 Meter Subduktion (siehe Riedel et al., 1999).



Die Analyse teleseismischer Wellen des letzten großen Erdbebens in Bolivien (9. Juni 1994) haben eine hypothetische Bruchfläche von ca. 50 - 70 km in NS und ca. 50 km in OW Richtung ergeben. Ob diese Bruchgeometrie durch die Existenz von metastabilem Olivin im kalten Kern der Nazca Platte erklärt werden kann, hängt u.a. von dem Ausmaß der Reduzierung der rheologischen Festigkeit infolge von Korngrößenreduktion und latenter Wärme am Phasenübergang ab.

Nach eingehenden Voruntersuchungen zur Methodik der Herdparameterbestimmung von Tiefherdbeben wandten wir die von Estabrook und Bock (1995) und danach weiter von uns modifizierte Methode von Nábelek (1984) auf die Beben vom 9. März 1994 in Fiji-Tonga (Mw = 7,6, Herdtiefe h = 563 km) und vom 17. Juni 1996 im Bereich der Flores See (Mw = 7,9, h = 587 km) an. Hierbei handelt es sich um die nach dem Bolivienbeben vom 9. Juni 1994 (Mw = 8,3) stärksten, von modernen Stationen des globalen Breitbandnetzes aufgezeichneten Tiefherdbeben. Die wesentlichen Ergebnisse waren, daß sich die untersuchten Erdbeben aus mehreren Unterereignissen zusammensetzten, die ein Abbild der räumlichen und zeitlichen Erstreckung der Herdprozesse ergaben. Während die horizontale Erstreckung der Herdprozesse bis zu 95 km beim Flores-See Erdbeben und etwa 40 km beim Fiji-Tonga Erdbeben betrug, sind die Herdtiefenvariationen der Unterereignisse sehr gering und überschreiten nicht mehr als 10 km. Dies deutet darauf hin, daß isobare Prozesse bei Tiefherdbeben eine größere Rolle spielen. Die räumliche Ausdehnung der Herdprozesse insbesondere der Erdbeben in Fiji-Tonga und Bolivien ist nur schwer mit der Anti-Rißbildung im metastabilen Olivinbereich unterhalb von 400 km Tiefe zu vereinbaren. Es scheint, daß zumindestens die Anfangsphase des Herdprozesses der untersuchten Beben in Bereichen der abtauchenden Platte auftritt, in denen plastische Instabilitäten auftreten können (Riedel et al., 1999). Die ausführlichen Ergebnisse sind in der Arbeit von Tibi et al. (1999) zusammengefaßt.




Abbildung 3: Das Epizentrum des Flores-Sea-Bebens (Mw = 7,9; Herdtiefe = 587 km) vom 17. Juni 1996 mit dem Herdmechanismus für die Zentroidlösung (oben). Die Verteilung der Unterereignisse S1 bis S4 dieses Bebens (mittleres Bild) definiert eine räumliche Ausdehnung des Herdprozesses über eine subhorizontale Fläche von etwa 95 x 20 km. Die Herdmechanismen zeigen Variationen zwischen den einzelnen Unterereignissen, was den hohen Nicht-Scherbruchanteil des Zentroidmechanismus erklärt. Die Herdzeit-Funktion im unteren Teil der Abbildung zeigt, daß der gesamte Herdprozeß etwa 23 Sekunden andauerte. Dies ergibt eine Bruchgeschwindigkeit von etwa 4 km/s (Tibi et al., 1999).



Zusammenfassend wird der Bearbeitungsstand des gestellten Problems an Hand von Antworten auf die im Antrag aufgeführten Fragestellungen kurz charakterisiert. Die bisher erhaltenen Antworten sind dazu jeweils in ``bold'' gesetzt:

1.
Ist - ausgehend von der thermodynamischen Modellierung der Kinetik des Olivin-Spinell Überganges - die Existenz eines kalten Kerns (850 - 900 K) in der Nazca Platte mit metastabilem Olivin bis zu 600 km Tiefe möglich ?
Ist auf Grund der vorliegenden Ergebnisse zu der thermo-kinetischen Wechselwirkung am Phasenübergang eher unwahrscheinlich.

2.
Welchen Einfluß hat die Transformationskinetik auf die Lage und Ausdehnung des möglicherweise existierenden Kerns mit metastabilem Olivin bzw. des Bereiches mit Olivin-Spinell (2-Phasen-System)?
Auf Grund der vorliegenden Ergebnisse ist nicht zu erwarten, daß eine subhorizontale Fläche von etwa 95 x 20 km in 587 km Tiefe mit metastabilem Olivin existiert. Die Transformationskinetik kann nur indirekte Auswirkungen auf das Entstehen tiefer Erdbeben haben, evtl. als Triggermechanismus.

3.
Wie sind thermische, kinetische und mechanische Einflußgrößen am Phasenübergang gekoppelt und welchen Einfluß haben Korngrößenreduktion und latente Wärme auf das rheologische Profil der Platte ?
Es entsteht eine anomale Viskositätsstruktur mit einem kaltem, aber weichem Plattenkern (Karato et al., 1998, 1999).

4.
Wie hoch ist der auf Grund des Dichteunterschiedes zwischen Olivin und Spinell zu erwartende Druckabfall im Innern der Platte, wie groß ist die dadurch auf die Platte wirkende zusätzliche Scherkraft, welche Auftriebskraft entsteht durch die Existenz von metastabilem Olivin (Kräftebilanz bei 600 km Tiefe) ?
Ergebnisse veröffentlicht in Schmeling et al., 1999, Devaux et al., 1999.

5.
Welche Geometrie hat eine als Resultat der rheologischen Veränderungen und der wirkenden Kräfte zu erwartende Bruchfläche bei 600 km Tiefe ?
Auf Grund der anomalen Viskositätsstruktur sollte die Bruchfläche bei einem duktilen Scherbruch subhorizontal liegen und eine typische Ausdehnung von 20-30 km senkrecht zur ``slab strike'' Richtung besitzen (siehe Abbildung 2). Dies ist in guter Übereinstimmung mit der Geometrie der Bruchflächen beider untersuchter Tiefbeben.

6.
Befinden sich die auf der Grundlage des thermodynamischen Modells abgeleiteten Aussagen in Übereinstimmung mit den seismischen Beobachtungen, und für welche Modellparameter (Plattendicke, Subduktionsrate, Temperatur an der Lithospärenbasis, etc.) ?
Für die beiden untersuchten Beben, ja, siehe Punkt 5.

7.
(Gegebenenfalls) Vergleichende Untersuchungen zu den Herdmechanismen von Tiefbeben in anderen Subduktionsgebieten (Fiji-Tonga, Izu-Bonin, ..)
Soll in der Verlängerung für das Jahr 2000 untersucht werden.


2.3 Veröffentlichungen der letzten 5 Jahre (1995-99)

2.3.1 Geodynamik und Rheologie

R. Däßler, D.A. Yuen, S. Karato, M. R. Riedel
``Two-dimensional modeling of thermo-kinetic coupling and the consequences on the phase boundaries of subducting slabs'',
Research Report of the Minnesota Supercomputer Institute, UMSI 95/20 (1995), 36 pages.

S. Karato, M. R. Riedel
``Rheology of Subducting Slabs'',
Eingeladener Übersichtsvortrag, XXI General Assembly IUGG, Boulder, Colorado, July 2-14, 1995, abstract p. B340.

M. R. Riedel, S. Karato
``Microstructural development during nucleation and growth processes'',
Geophys. J. Int. 125 (1996) 397-414.

R. Däßler, D.A. Yuen, S. Karato, M. R. Riedel
``Two-dimensional thermo-kinetic model for the olivine-spinel phase transition in subducting slabs'', Phys Earth Planet. Inter. 94 (1996) 217-239.

M. R. Riedel, S. Karato
``Grain-size Evolution in Subducted Oceanic Lithosphere Associated with the Olivine-Spinel Transformation and Its effects on Rheology'',
Earth & Planet. Sci. Lett. 148 (1997) 27-43.

M. R. Riedel, S. Karato
``Rheological weakening of subducted slabs due to the persistence of metastable olivine down to 600 km depth''
in: Upper Mantle Heterogeneities from Active and Passive Seismology, ed. K. Fuchs, pp. 325-332, NATO ASI Series, Kluwer Academic Publ., Dordrecht, 1997.

S. Karato, M. R. Riedel & D. A. Yuen
``How Strong Are The Subducted Slabs ?''
Research Report of the Minnesota Supercomputer Institute, UMSI 98/113 (1998).

S. Karato, M. R. Riedel & D. A. Yuen
``Rheological Structure and Deformation of Subducted Slabs in the Mantle Transition Zone'', submitted to Phys. Earth Planet. Inter. (1999).

M. R. Riedel, S. Karato & D. A. Yuen
``Criticality of Subducting Slabs''
submitted to Earth & Planet. Sci. Lett. (1999).

2.3.2 Seismische Modellierung und Herdmechanismen

Bock, G., J. Goßler, W. Hanka, R. Kind, G. Kosarev, N. Petersen, K. Stammler and L. Vinnik, 1995.
On the seismic discontinuities in the upper mantle,
Phys. Earth Planet. Inter., 92, 39-43.

Estabrook, C. and G. Bock, 1995.
Rupture history of the great Bolivian earthquake: slab interaction with the 660-km discontinutiy?
Geophys. Res. Lett., 22, 2277-2280.

Gossler, J. and R. Kind, 1995.
Seismic evidence for very deep roots of continents.
Earth Planet. Sci. Let., 138, 1-13.

Kind, R., G. L. Kosarev and N. V. Petersen, 1995.
Receiver functions of the stations of the German Regional Seismic Network (GRSN).
Geophys. J. Int., 121, 191-202.

Zhao, P., G. Bock and F. Wenzel, 1995.
A cross-gallery tomographic survey in the New England Antimony Mine (Hillgrove, N.S.W.): A case study in a hard rock environment,
Exploration Geophysics, 25, 197-206.

Bock, G., G. Grünthal and K. Wylegalla, 1996.
The 1985/86 Western Bohemia earthquakes: Modelling source parameters with synthetic seismograms,
Tectonophysics, 261, 139-146.

Bormann, P., G. Gruenthal, R. Kind and H. Montag, 1996.
Upper mantle anisotropy beneath central Europe from SKS wave splitting: Effects of absolute plate motion and lithosphere-asthenosphere boundary topography?
J. Geodynamics, 22, 11-32.

Estabrook, C., R. Kind, 1996.
The nature of the 660-km upper mantle seismic discontinuity from precursors to PP.
Science, 274, 1179-1182.

Nelson, K. D., Wenjin Zhao, L. D. Brown, J. Kuo, Jinkai Che, Xianwen Liu, S. L. Klemperer, Y. Makovsky, R. Meissner, J. Mechie, R. Kind, F. Wenzel, J. Ni, J. Nabelek, Chen Leshou, Handong Tan, Wenbo Wei, A. G. Jones, J. Booker, M. Unsworth, W. S. F. Kidd, M. Hauck, D. Alsdorf, A. Ross, M. Cogan, Changde Wu, E. Sandvol, and M. Edwards, 1996.
Partially molten middle crust beneath southern Tibet: a synthesis of project INDEPTH initial results.
Science, 274, 1684-1688.

Kind, R., J. Ni, Wenjin Zhao, Jianxin Wu, Xiaohui Yuan, Lianshe Zhao, E Sandvol, Ch Reese, J Nabelek and T Hearn, 1996.
Evidence from earthquake data for a partially molten crustal layer in southern Tibet.
Science, 274, 1692-1694.

Bock, G., E. Perchuc, W. Hanka, P. Wiejacz, R. Kind, J. Suchcicki and K. Wylegalla, 1997.
Seismic anisotropy beneath the Suwalki station: one year of the activity of the station,
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Estabrook, C. H., M. Weber, R. Kind, 1997.
Generation of the teleseismic P-wave coda from Aleutian earthquakes.
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The new generation of seismological networks,
Geowissenschaften, 15, 105-110.

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A passive seismological experiment across the Sorgenfrei-Tornquist zone,
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Azimuthal seismic anisotropy beneath the southern Himalayas-Tibet collision zone,
J. Geophys. Res., 102, 17813-17823.

Yuan, X., J. Ni, R. Kind, E. Sandvol, J. Mechie, 1997.
Lithospheric and upper mantle structure of southern Tibet from a seismological passive source experiment.
J. Geophys. Res., 102, 17491-27500.

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Shear-wave anisotropy in the upper mantle beneath the Nazca plate in northern Chile,
J. Geophys. Res., 103, 24,333-24,345.

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Oreshin, S., L. Vinnik, A. Treussov & R. Kind, 1998.
Subducted Lithosphere or 530 km discontinuity?
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Arlitt, R., Kissling, E., Ansorge, J. and TOR Working Group, 1999.
3-D Crusta 1 Strukture Beneath the TOR Array and Effects on Teleseismic Wavefronts,
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Determination of the crustal structure in South Tibet by dispersion and amplitude analysis of surface waves.
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Kosarev, G., Kind, R., Sobolev, S.V., Yuan, X., Hanka, W., Oreshin, S., 1999.
Seismic Evidence for a Detached Indian Lithospheric Mantle Beneath Tibet.
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Li, X., R. Kind, K. Priestley, S. V. Sobolev, F. Tilmann, X. Yuan, and M. Weber, 1999.
Mapping the Hawaii plume conduite with receiver functions,
Nature, submitted.

Schurr, B., G. Asch, A. Rietbrock, R. Kind, M. Pardo, B. Heit and T. Monfret, 1999.
Seismicity and Average Velocities beneath the Argentine Puna Plateau,
Geophys. Res. Lett., submitted.

Tibi, R., C. Estabrook and G. Bock, 1999.
The June 17, 1996, Flores Sea and March 09, 1994, Fiji-Tonga Earthquakes: Source Processes and Deep Earthquake Mechanisms,
Geophys. J. Int., 138, 625-642.


2.4 Zitierte Literatur

Backofen, W. A., 1972.
Deformation Processing,
Addison-Wesley. Addison-Wesley Series in Metallurgy and Materials, 326 pp.

Hobbs, B. E., Ord, A. & Teyssier, C., 1986.
Earthquakes in the Ductile Regime ?,
PAGEOPH, 124, 309-336.

Hobbs, B. E. & Ord, A., 1988.
Plastic instabilities: implications for the origin of intermediate and deep focus earthquakes,
J. Geophys. Res., 93, 10,521-10,540.

Estabrook & Bock, 1995.
Rupture history of the great Bolivian earthquake: slab interaction with the 660-km discontinuity ?,
Geophys. Res. Lett., 22, 2317-2320.

Nábelek, J. L., 1984.
Determination of earthquake source parameters from inversion of body waves,
PhD thesis, MIT, Cambridge, MA.

Stein, S., 1995.
Deep Earthquakes: A Fault Too Big ?,
Science, 268, 49-50.

Wiens, D. A. & McGuire, J. J., 1995.
The 1994 Bolivia and Tonga events: Fundamentally different types of deep earthquakes ?,
Geophys. Res. Lett., 22, 2245-2248.


3. Ziele und Arbeitsprogramm

3.1 Ziele

Zielstellung des Verlängerungsantrages ist die Untersuchung des Einflusses duktiler Instabilitäten auf die Deformation subduzierender ozeanischer Lithosphäre im Bereich der Übergangszone des Erdmantels.

Mit Hilfe des Instabilitätskriteriums nach Hobbs et al. (1986) wird die Stabilität der Olivin bzw. Spinellkomponente gegen viskose Deformation für 3 verschiedene Deformationsmechanismen (korngrößenabhängiges Diffusionskriechen, Dislokationskriechen und Peierls Mechanismus) untersucht. Die komplexe rheologische Struktur der abtauchenden Platte wird dabei mit Hilfe eines neuen Ansatzes zur Beschreibung ihres Biegeverhaltens (Riedel et al., 1999) mit einer räumlichen Auflösung von 100 m oder besser bestimmt.

Die Ergebnisse der thermomechanischen Modellierung werden mit den Resultaten seismischer Beobachtungen von Tiefherdbeben, insbesondere zur Geometrie der Bruchfläche, verglichen. Es sollen daher im Rahmen dieses Fortsetzungsantrags weitere Tiefherdbeben untersucht werden, für die qualitativ hochwertige Daten des digitalen globalen Breitbandnetzes vorliegen. Wir wollen insbesondere einen größeren Herdtiefenbereich zwischen 400 km und über 600 km abdecken als es bisher der Fall war und Tiefherdbeben aus Subduktionszonen mit unterschiedlichen thermischen Eigenschaften untersuchen. Damit erhoffen wir, ein repräsentatives Abbild der Mechanismen von Tiefherdbeben als Funktion der Herdtiefe und des thermischen Pameters $\Phi = $ (Alter der abtauchenden Platte) $\times$(vertikale Abtauchgeschwindigkeit) zu erhalten.


Im folgenden wird die Wirkungsweise des Instabilitätskriteriums und seine vorgesehene Anwendung auf die subduzierende Lithospäre in kurzer Form erläutert:

Instabilitäts-Kriterium

Die visko-elastischen Differenz-Spannungen in der Lithosphäre sind eine Funktion vieler Parameter

\begin{displaymath}
\sigma = \sigma(\epsilon, \dot{\epsilon}, p, T, f_{H_2O}, ..) \quad ,\end{displaymath}

wobei die Symbole die folgende Bedeutung besitzen:

$\epsilon$ - Deformation
$\dot{\epsilon}$ - Deformationsrate
p - (hydrostatischer) Druck
T - Temperatur
fH2O - Wasseranteil (``Fugazität'') usw.

Als Kriterium für die Stabilität einer stationären visko-elastischen Deformation wird die Antwort auf die Frage

Wie verändert sich die Kriechfestigkeit von Peridodit bei kleinen Fluktuationen der Deformation $\epsilon$ ??

aufgefaßt: Als notwendige Bedingung für Stabilität der (visko-elastischen) Deformation wird

\begin{displaymath}
{d\sigma \over d\epsilon} \gt 0\end{displaymath}

gefordert (nach Hobbs et al. (1986) bzw. Backofen (1972)). Physikalisch bedeutet diese Forderung, daß sich die gespeicherte elastische Energie in der deformierten Lithosphäre nicht in Folge eines instabilen ``runaway'' Prozesse freisetzen kann.

Umgekehrt läß sich daraus natürlich auch ein notwendiges (d.h. nicht hinreichendes) Instabilitäts-Kriterium formulieren.

\begin{displaymath}
{d\sigma \over d\epsilon} < 0\end{displaymath}

Bei Anwendung auf die Bedingungen einer subduzierenden Platte folgen hieraus für die einzelnen Deformationsmechanismen, die in verschiedenen Teilen der Platte dominant sind (siehe Karato et al., 1998, 1999), folgende Relationen:

3.2 Arbeitsprogramm

Im Zeitraum des Verlängerungsantrages (01.01.-31.12.2000) sollen die Instabilitätsbedingungen (1) - (3) für die verfügbaren rheologische Parameter von Olivin bzw. Spinell im Bereich der Übergangszone des Erdmantels für die subduzierende ozeanische Lithosphäre in systematischer Weise, für verschiedene Geometrien in der Subduktionszone, numerisch ausgewertet werden. Die vorliegenden Ergebnisse zur viskosen Erwärmung zeigen (Abbildung 2), daß plastische Instabilitäten bei der visko-elastischen Deformation eindeutig als mögliche Herdmechanismen tiefer Erdbeben in Frage kommen (siehe auch Riedel et al., 1999).

Für die vergleichende Untersuchung von Tiefherdbeben mit Hilfe teleseismischer Wellen sollen folgende Ereignisse herangezogen werden (Herdparameter aus dem Harvard-Katalog):

Die Werte für den thermischen Parameter $\Phi$ sind der Arbeit von Wiens und Gilbert (1996) und aus eienm unveröffentlichen Manuskript von Estabrook (1999) entnommen. Die in der ersten Antragsperiode untersuchten Beben liegen in relativ kalten abtauchenden Platten mit hohen Werten für $\Phi$ (Fiji-Tonga, $\Phi$ = 11800; Flores See, $\Phi$ = 9400).


Der Vergleich mit der Analyse teleseismischer Wellen gestattet die Bestimmung von Größe und Lage der seismischen Bruchfläche, die Ermittlung der Bruchausbreitungsrichtung und -geschwindigkeit und Aussagen zur seismischen Effektivität sowie zu dem mit dem Beben verbundenen Spannungsabfall. Thermomechanisches Modell und seismische Analyse können somit im Vergleich eine Antwort auf die Frage geben, ob sich die charakteristischen Merkmale von Tiefbeben mit einem duktilen Bruchvorgang in der subduzierenden Lithosphäre erklären lassen.



5. Voraussetzungen für die Durchführung des Vorhabens

5.1 Zusammensetzung der Arbeitsgruppe

a)
Antragsteller:
Dr. Michael Riedel, GeoForschungsZentrum Potsdam
(Geodynamische Modellierung)
Prof. Rainer Kind, Freie Universität Berlin und GeoForschungsZentrum Potsdam
(Seismische Analyse, Modellierung)
Dr. Günter Bock, GeoForschungsZentrum Potsdam
(Seismische Analyse, Herdmechanismen)

b)
Prof. Shun Karato, University of Minnesota, Minneapolis
(Geodynamische Interpretation, Rheologie)

5.2 Zusammenarbeit mit anderen Wissenschaftlern

Dr. Charles Estabrook, USGS, Menlo Park, California
Seismische Analyse, Modellierung

Prof. David A. Yuen, University of Minnesota, Minneapolis
Nichtlineare Dynamik, Geodynamik

Prof. Jürgen Kurths, Max-Planck AG Nichtlineare Dynamik, Universität Potsdam
Nichtlineare Dynamik, numerische Methoden

5.4 Apparative Ausstattung

Projektgruppe Thermodynamik:

Silicon Graphics Workstation, heterogenes UNIX-Netz mit Windows-PC und Macintosh Computern, Visualisierungssoftware unter Windows

Projektbereich 2.4 ``Seismologie/Tomographie'' (GeoForschungsZentrum Potsdam):

GEOFON-Netz und -Datenarchiv, Auswertungssoftware ``Seismic Handler'' und EMSC Software zur Bestimmung von Herdparametern, Tape-Robotersystem (Metrum) zum Speichern von Daten, UNIX Workstationen mit ausreichend Plattenkapazität, Rechenkapazität am Supercomputer (CONVEX) des GFZ.

5.5 Laufende Mittel für Sachausgaben

Die anfallenden Kosten für Büro- und Schreibmaterial, für Kopien und Rechnerverbrauchsmaterialien werden aus den Haushalten der beteiligten Institutionen getragen.

6. Erklärungen

Ein Antrag auf Finanzierung dieses Vorhabens wurde bei keiner anderen Stelle eingereicht. Wenn wir einen solchen Antrag stellen, werden wir die Deutsche Forschungsgemeinschaft unverzüglich benachrichtigen.

7. Unterschriften

Potsdam, den 1. Oktober 1999

Dr. Michael Riedel Prof. Rainer Kind Dr. Günter Bock